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Die unsichtbaren Gesichter des World Wide Webs: Clear Web, Deep Web und Dark Web

28 September 2020

Im 1989 hat der britische Physiker Tim Berners-Lee, der in der Schweiz beim Europäischen Kernforschungszentrum (CERN) arbeitete, ein Umfeld geschafft, wo die Forscher und die Wissenschaftler aus der ganzen Welt Informationen und Dokumente austauschen konnten. Dieses Umfeld wurde World Wide Web genannt, oder kurz www.

Die erste Webseite wurde am 6. August 1991 von Tim Berners-Lee selbst vorgelegt und beschrieb das World Wide Web und sein Funktionsprinzip.  Die Entwicklung der www-Technologie gewann an Dynamik nachdem sie am 30. April 1993 von CERN zur Verfügung des Publikums kostenlos gestellt wurde, ohne Ansprüche auf Urheberrechte.

30 Jahre später umfasst das Netzwerk mehr als 1,75 Milliarden von Webseiten. Davon sind nur 200 Millionen Webseiten aktiv und der Gründer warnt davor, dass „der Kampf für das Web ist eines der wichtigsten Anliegen unserer Zeit”.

Der Unterschied zwischen Web und Internet ist es, dass das Web ein weit verbreitetes System zum Aufrufen des Internets ist, während das Internet ein Netzwerk von Computernetzwerken ist, das die Kommunikation zwischen Computern und verschiedenen Geräten ermöglicht.

Wenn man einen Internetbrowser öffnet und in die Webplattform einsteigt, ruft man das Clear Web auf.

Auch als Surface Web, Visible Web, Indexed Web oder Lightnet bekannt, ist dieser Teil des Webs der breiten Öffentlichkeit zugänglich und wird von den Suchmaschinen indexiert. Es wird geschätzt, dass der Ausmaß des Clear Webs zwischen 4 und 10 % des Umfangs der ganzen Plattform beträgt.

Aber was geschieht in dem restlichen verfügbaren Umfang? Jenseits des Clear Webs liegen zwei andere Welten, die oft miteinander verwechselt werden: Deep Web und Dark Web.

Deep Web, auch als Invisible Web bekannt, umfasst Webseiten, die der breiten Öffentlichkeit nicht zugänglich sind und von den Suchmaschinen nicht indexiert werden. Was könnte sich auf solche Webseiten befinden? Online-Bankdienstleistungen, Webmail, Ordner oder Befunde unserer medizinischen Untersuchungen, wissenschaftliche Werke, militärische Kommunikationen, steuerrechtliche Informationen, private Plattformen, vertrauliche Informationen, die nur mit einer direkten Verknüpfung und einem Password aufgerufen werden können, oder kostenpflichtige Inhaltsplattformen.

Obwohl versteckt, kann der Inhalt des Deep Webs aufgerufen werden, wenn man genau weiß, was man sucht.

Wie kommt man zum Deep Web? Entweder mithilfe eines normalen Browsers und einer direkten URL oder IP-Adresse oder mithilfe eines Passworts oder sonstiger Sicherheitsfilter, weitergeleitet von einer Webseite des Clear Webs. Jede im Web veröffentlichte Webseite hat eigentlich die Option, von den Suchmaschinen nicht indexiert zu werden; somit wird die Webseite unsichtbar und daher Teil des Deep Webs.

Wie groß ist das Deep Web? Sehr groß! Das Deep Web umfasst ungefähr 90 % des ganzen Webinhalts.

Es gibt aber ein Teil des Deep Webs, der vorsätzlich verdeckt worden ist und durch die Standardbrowser und Standardmethoden unzugänglich ist. Dieser Teil ist das Dark Web und umfasst ungefähr 6 % der www-Seiten.

Das Dark Web ist der dunkle und zwielichtige Treffpunkt der Ausgestoßenen und der Verbrecher, von Waffen- und Drogenhändler bis Pädophilen, Terroristen und Mördern.  Es hat die Macht, jedermann anonym, unsichtbar und unauffindbar zu machen.

Um in das Dark Web einzusteigen, braucht man spezielle Browser und Netzwerke und eine vollständige URL-Adresse mit allen Zeichen und bis zur letzten Ziffer. Alle Verknüpfungen im Dark Web umfassen scheinbar zufälligen Zeichenketten, bestehend aus Ziffern und Buchstaben, gefolgt von der Erweiterung .onion (Zwiebel).

Die Webseiten des Dark Webs können durch Netzwerke wie Tor oder I2P aufgerufen werden.

Tor ist eine kostenlose Software, die die anonymisierte Kommunikation erlaubt. Der Name ist eine Abkürzung für den ursprünglichen Namen des Projektes, The Onion Router (der Zwiebel-Router).  Tor verschlüsselt die Daten und leitet den Internetverkehr durch mehrere Schichten, mehr als 7.000 Netzwerke und Netzwerkknoten der ganzen Welt, um den Standort des Benutzers zu verschleiern und die Überwachung seiner Tätigkeit im Dark Web zu verhindern.

I2P, d.h. The Invisible Internet Project, ist ein kostenloses Netzwerk, der anonyme Kommunikationen erlaubt, die nicht überwacht oder zensiert werden können. Das Netzwerk verschlüsselt ende-zu-ende den Internetverkehr des Benutzers, dann leitet ihn durch ein Netzwerk von mehr als 55.000 Computers der ganzen Welt, die freiwillig zur Verfügung gestellt werden.

Wenn man beabsichtigt, die dunklen Ecken des Webs zu besuchen, muss man unbedingt ein VPN verwenden. Das Aufrufen des Dark Webs ist kein Verstoß gegen das Gesetz, solange man nicht an illegalen Tätigkeiten teilnimmt, aber die bloße Anwesenheit im Dark Web gibt einen Warnschuss ab. Zum Beispiel sagt ein Beschluss des Obersten Bundesgerichts der Vereinigten Staaten, dass die zuständigen Behörden dazu berechtigt sind, in eine Wohnung einzudringen und den beteiligten Computer zu beschlagnahmen, wenn man einfach nur versucht, das Dark Web aufzurufen.

Die Installierung eines VPN ist nur der erste Schritt für das Aufrufen des Dark Webs. Die nächsten Schritte werden aber in diesem Artikel nicht beschrieben. Bei SPIA sagen wir die Wahrheit! Und die Wahrheit hinsichtlich des Dark Webs ist es, dass man einfach nicht da sein sollte.

In den dunklen Ecken werden zum Beispiel gestohlenen Anmeldedaten (d.h. Benutzername und Passwort), Drogen, Waffen, Kinderpornographie, Identitäten, Mörder, Informationen, Betrüge und vieles mehr gehandelt. Man findet auch normale Elektronikartikel zum Verkauf, aber man hat keine Garantie, dass sie wirklich existieren oder dass sie wirklich angeliefert werden, nach dem man zahlt. Etwa eine Hälfte der Verkaufsanzeigen stellen Betrugsversuche dar; deshalb ist es vielleicht keine gute Idee, sich von dem günstigen Preis begeistert zu lassen. Noch mehr schlechte Ideen? Die Wohnungsanschrift als Lieferadresse einzugeben oder online mit Karte zu zahlen. Außerdem werden bei den Dark-Web-Geschäften Kryptowährungen, wie der Bitcoin, verwendet.

Aber wer hat diese dunkle Ecke geschafft und zu welchem Zweck?

Das Dark Web wurde eigentlich am Ende der 90er Jahre von zwei Forschungsorganisationen des US-Verteidigungsministeriums geschafft, um den vollständig anonyme Austausch von Informationen zwischen den amerikanischen Spionen zu ermöglichen. So entstand die Tor-Technologie, die später der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt worden ist.

Die Wahrheit ist es, dass das Dark Web zwei Valenzen hat: es ermöglicht einen Schwarz- bzw. Untergrundmarkt, wo die Verbrecher illegale Produkte und Dienste handeln, aber es bietet auch ein Höchstmaß an Vertraulichkeit und Schutz gegen die Überwachung der autoritären Regierungen. Es ist ein Platz, wo die politischen Ausgestoßenen, die Spione oder sonstige Personen äußerst sensible Informationen in einem verschlossenen Umfeld austauschen können. 

Mit jedem Tag lässt sich einen wachsenden Anteil unseres Lebens online verlagern oder findet seine Entsprechung in dem Online-Umfeld. Dieser kontinuierliche Entwicklungsprozess bringt auch Risiken mit sich.  Der Gründer des www selbst sagt, dass „einerseits schuf das Internet neue Chancen, es gab marginalisierten Gruppen eine Stimme und vereinfachte unser tagtägliches Leben, andererseits bot es Betrügern neue Möglichkeiten des Missbrauchs, es gab auch jenen eine Stimme, die Hass verbreiten und es schuf neue Formen von Kriminalität”.

Letztlich aber liegt es an uns, ob wir auf die klaren, tiefen oder dunklen Gewässer des Webs navigieren möchten.